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Bericht 04 . 2012 Ostfriesische Nachrichten
Bericht Dienstag, den 30. August 2011 Ostfriesische Nachrichten

Tagebuchbericht_Philipp-Spieltrieb
Gulfhof Ihnen | Engerhafe | Doppelkonzert mit Simon & Jan
Bericht von Philipp
Vor einiger Zeit las ich den Krimi „Ostfriesensünde" des Autors Klaus-Peter Wolf. Dieser ist Wahlostfriese und bringt seine Leidenschaft für diese Gegend in seinen Ostfriesenkrimis deutlich zum Ausdruck. Er schreibt unter anderem auch Drehbücher für „Tatort" und „Polizeiruf 110". Die Kommissarin in diesem Krimi geht eines Abends in ein Konzert mit plattdeutschen Liedern. Dort werden alle Gäste persönlich von Margritt Kubik-Harms begrüßt. Warum ich das hier schreibe? Nun, witzigerweise fand dieses Konzert im Gulfhof Ihnen statt und erst einige Tage, bevor ich diese Stelle in dem Buch erreicht hatte, hatte ich mit Frau Kubik-Harms telefoniert und gemailt. Die gute Frau gibt es nämlich wirklich und den Gulfhof Ihnen natürlich auch. Margritt hatte uns vor einiger Zeit mal bei einer Examensentlassungsfeier an der Uni in Oldenburg spielen sehen und im vergangenen März war sie bei einem Konzert von Simon & Jan in Aurich. So entstand die Idee, ein Doppelkonzert im Gulfhof zu veranstalten.
Der Gulfhof ist ein altes Gehöft aus dem 16. Jahrhundert, gehört mittlerweile der Gemeinde Südbrookmerland und wird von einem Verein ehrenamtlich betrieben.
Lennart kommt zum Mittagessen in meine WG. Ich habe für alle gekocht und nach dem Essen geht es in mein Zimmer zum Proben. Das letzte Konzert liegt schon über einen Monat zurück und da wollen wir es nicht drauf ankommen lassen, ob wir unser Repertoire noch drauf haben. Gerade heute, wo wir erstens mit Simon & Jan spielen, die im Moment weitaus häufiger als wir auf der Bühne stehen, sodass wir da routinetechnisch nicht mithalten können. Außerdem kosten wir alle heute richtig Geld. Immerhin 12 Euro Eintritt kostet der Abend heute und da haben wir schon das Gefühl, ordentlich abliefern zu müssen. Gut, dass wir uns Zeit für eine Probe genommen haben, hier und da merken wir schon, dass Auffrischbedarf besteht. Um halb vier machen wir uns dann aber auf den Weg, um Simon & Jan einzusammeln.
Gemeinsam kommen wir beim Gulfhof an. Alle müssen pinkeln und da ich telefonisch mit Margritt konferiere, weiß ich, dass wir uns noch einige Minuten gedulden müssen. Das finden wir zu lang und stellen uns alle vier ordentlich in einer Reihe an einem Maisfeld auf. Kaum haben wir unser Geschäft erledigt, kommt auch schon ein Auto vorgefahren. Margritt begrüßt uns, wir verzichten aber vorerst auf das Händeschütteln. Zuvor wollen wir uns doch lieber die Hände waschen...
Wir betreten den Gulfhof und es ist wirklich ein wunderschöner, großer und angenehm beleuchteter Konzertraum mit vielen Holzbalken. So richtig „urig" und in einem Topzustand.
Wir brauchen einige Zeit, um ein Konzept zu entwickeln, wie der Raum heute Abend beschallt werden soll. Zunächst etwas abendteuerlich das Ganze, aber schließlich sind wir mit dem Ergebnis zufrieden. Nachdem der Soundcheck hinter uns gebracht und die Pforten für die Gäste geöffnet wurden, ziehen wir uns Backstage zurück und essen erstmal ein Tomatensüppchen mit Brot, das uns liebevoll bereitgestellt wurde. Spontan proben wir noch eine kleine gemeinsame Zugabe ein und schon ist es Zeit, den Konzertabend zu beginnen.
Die Leute scheinen zu wissen, dass es sich lohnt, hier her zu kommen, denn obwohl wir uns mitten in Ostfriesland befinden (hier wird teilweise sogar platt gesprochen) und es zwischenzeitig in Strömen regnet, finden sich etwa 70 Gäste hier ein, die an Tischen Platz nehmen.
Wir machen den Anfang. Wie zu erwarten war, ist das Publikum äußerst aufmerksam und dankbar, wenn auch etwas norddeutsch zurückhaltend. Zumindest zunächst. Wir liefern einen guten Start und nachdem wir unsere erste halbe Stunde hinter uns gebracht haben, gönne ich mir das erste Bier. Es gibt Köstritzer. Hier stimmt heute aber auch alles ; )
Lennart und ich sitzen am Merchtisch, den wir heute für den Verkauf unserer Waren aufgestellt haben und lauschen genüsslich unseren Oldenburger Kollegen. Immer wieder herrlich. Obwohl ich ihr Material mittlerweile fast auswendig kenne, freue ich mich über jeden Ton, jede Ansage und bekomme teilweise eine Gänsehaut. Ich bin halt nicht nur Freund und Kollege, sondern auch Fan der beiden, das steht außer Frage.
Nach der Pause sind wir dann wieder dran und können uns stimmungstechnisch nochmal steigern. Die norddeutschen Gemüter sind spätestens dann aufgetaut, als wir „Volkslieder" anstimmen. Beim „Holladriho" halten sie sich noch etwas zurück, aber bei der Medley am Ende, werden „Die Gedanken sind frei" und „Der Mond ist aufgegangen" so schön intoniert, dass wir es kaum fassen können. Wir haben das schon oft erlebt, aber so schön wie heute war es, glaube ich, noch nie. Wir spielen „Handgepäck" und ernten die nächsten Lacher. Als nächstes kommen mit „Scherbenwelt" und „Alter Mann" zwei ruhige, ernste Lieder an die Reihe. Danach geht mit „Mitschlafgelegenheit" und „Kleines Mädchen" auf die Zielgerade zu. Das Publikum macht diese Stimmungsschwankungen problemlos mit. Wir werden sogar zu einer Zugabe aufgefordert.
Danach noch einmal Simon & Jan und eigentlich ist der Abend viel zu schnell vorbei. Das finden auch die Leute und sie wollen mehr. Wir bringen noch gemeinsam zwei Zugaben ohne Anlage vom Bühnenrand und zünden dafür sogar noch Teelichte in dem von Simon & Jan mitgebrachten Ständer an.
Ein wunderschöner Abend neigt sich dem Ende, doch alle Beteiligten sitzen nun noch gemeinsam am Tisch und Essen Nudeln und ein erstklassiges Pfirsichdessert.
Wir danken allen, die da waren und hoffen natürlich, mal wieder kommen zu können.
Gulfhof Ihnen | Engerhafe | Doppelkonzert mit Simon & Jan
Bericht von Philipp
Vor einiger Zeit las ich den Krimi „Ostfriesensünde" des Autors Klaus-Peter Wolf. Dieser ist Wahlostfriese und bringt seine Leidenschaft für diese Gegend in seinen Ostfriesenkrimis deutlich zum Ausdruck. Er schreibt unter anderem auch Drehbücher für „Tatort" und „Polizeiruf 110". Die Kommissarin in diesem Krimi geht eines Abends in ein Konzert mit plattdeutschen Liedern. Dort werden alle Gäste persönlich von Margritt Kubik-Harms begrüßt. Warum ich das hier schreibe? Nun, witzigerweise fand dieses Konzert im Gulfhof Ihnen statt und erst einige Tage, bevor ich diese Stelle in dem Buch erreicht hatte, hatte ich mit Frau Kubik-Harms telefoniert und gemailt. Die gute Frau gibt es nämlich wirklich und den Gulfhof Ihnen natürlich auch. Margritt hatte uns vor einiger Zeit mal bei einer Examensentlassungsfeier an der Uni in Oldenburg spielen sehen und im vergangenen März war sie bei einem Konzert von Simon & Jan in Aurich. So entstand die Idee, ein Doppelkonzert im Gulfhof zu veranstalten.
Der Gulfhof ist ein altes Gehöft aus dem 16. Jahrhundert, gehört mittlerweile der Gemeinde Südbrookmerland und wird von einem Verein ehrenamtlich betrieben.
Lennart kommt zum Mittagessen in meine WG. Ich habe für alle gekocht und nach dem Essen geht es in mein Zimmer zum Proben. Das letzte Konzert liegt schon über einen Monat zurück und da wollen wir es nicht drauf ankommen lassen, ob wir unser Repertoire noch drauf haben. Gerade heute, wo wir erstens mit Simon & Jan spielen, die im Moment weitaus häufiger als wir auf der Bühne stehen, sodass wir da routinetechnisch nicht mithalten können. Außerdem kosten wir alle heute richtig Geld. Immerhin 12 Euro Eintritt kostet der Abend heute und da haben wir schon das Gefühl, ordentlich abliefern zu müssen. Gut, dass wir uns Zeit für eine Probe genommen haben, hier und da merken wir schon, dass Auffrischbedarf besteht. Um halb vier machen wir uns dann aber auf den Weg, um Simon & Jan einzusammeln.
Gemeinsam kommen wir beim Gulfhof an. Alle müssen pinkeln und da ich telefonisch mit Margritt konferiere, weiß ich, dass wir uns noch einige Minuten gedulden müssen. Das finden wir zu lang und stellen uns alle vier ordentlich in einer Reihe an einem Maisfeld auf. Kaum haben wir unser Geschäft erledigt, kommt auch schon ein Auto vorgefahren. Margritt begrüßt uns, wir verzichten aber vorerst auf das Händeschütteln. Zuvor wollen wir uns doch lieber die Hände waschen...
Wir betreten den Gulfhof und es ist wirklich ein wunderschöner, großer und angenehm beleuchteter Konzertraum mit vielen Holzbalken. So richtig „urig" und in einem Topzustand.
Wir brauchen einige Zeit, um ein Konzept zu entwickeln, wie der Raum heute Abend beschallt werden soll. Zunächst etwas abendteuerlich das Ganze, aber schließlich sind wir mit dem Ergebnis zufrieden. Nachdem der Soundcheck hinter uns gebracht und die Pforten für die Gäste geöffnet wurden, ziehen wir uns Backstage zurück und essen erstmal ein Tomatensüppchen mit Brot, das uns liebevoll bereitgestellt wurde. Spontan proben wir noch eine kleine gemeinsame Zugabe ein und schon ist es Zeit, den Konzertabend zu beginnen.
Die Leute scheinen zu wissen, dass es sich lohnt, hier her zu kommen, denn obwohl wir uns mitten in Ostfriesland befinden (hier wird teilweise sogar platt gesprochen) und es zwischenzeitig in Strömen regnet, finden sich etwa 70 Gäste hier ein, die an Tischen Platz nehmen.
Wir machen den Anfang. Wie zu erwarten war, ist das Publikum äußerst aufmerksam und dankbar, wenn auch etwas norddeutsch zurückhaltend. Zumindest zunächst. Wir liefern einen guten Start und nachdem wir unsere erste halbe Stunde hinter uns gebracht haben, gönne ich mir das erste Bier. Es gibt Köstritzer. Hier stimmt heute aber auch alles ; )
Lennart und ich sitzen am Merchtisch, den wir heute für den Verkauf unserer Waren aufgestellt haben und lauschen genüsslich unseren Oldenburger Kollegen. Immer wieder herrlich. Obwohl ich ihr Material mittlerweile fast auswendig kenne, freue ich mich über jeden Ton, jede Ansage und bekomme teilweise eine Gänsehaut. Ich bin halt nicht nur Freund und Kollege, sondern auch Fan der beiden, das steht außer Frage.
Nach der Pause sind wir dann wieder dran und können uns stimmungstechnisch nochmal steigern. Die norddeutschen Gemüter sind spätestens dann aufgetaut, als wir „Volkslieder" anstimmen. Beim „Holladriho" halten sie sich noch etwas zurück, aber bei der Medley am Ende, werden „Die Gedanken sind frei" und „Der Mond ist aufgegangen" so schön intoniert, dass wir es kaum fassen können. Wir haben das schon oft erlebt, aber so schön wie heute war es, glaube ich, noch nie. Wir spielen „Handgepäck" und ernten die nächsten Lacher. Als nächstes kommen mit „Scherbenwelt" und „Alter Mann" zwei ruhige, ernste Lieder an die Reihe. Danach geht mit „Mitschlafgelegenheit" und „Kleines Mädchen" auf die Zielgerade zu. Das Publikum macht diese Stimmungsschwankungen problemlos mit. Wir werden sogar zu einer Zugabe aufgefordert.
Danach noch einmal Simon & Jan und eigentlich ist der Abend viel zu schnell vorbei. Das finden auch die Leute und sie wollen mehr. Wir bringen noch gemeinsam zwei Zugaben ohne Anlage vom Bühnenrand und zünden dafür sogar noch Teelichte in dem von Simon & Jan mitgebrachten Ständer an.
Ein wunderschöner Abend neigt sich dem Ende, doch alle Beteiligten sitzen nun noch gemeinsam am Tisch und Essen Nudeln und ein erstklassiges Pfirsichdessert.
Wir danken allen, die da waren und hoffen natürlich, mal wieder kommen zu können.
Die Ostfriesischen Nachrichten präsentieren:
Als „Die Frau des Marschbauern" verschwand
Sabine Nielsen las im Gulfhof Ihnen in Engerhafe aus ihrem zweiten Roman - „Otto Groote Ensemble" spielte Auswandererlieder kab Engerhafe. Es beginnt mit einer Kirschtorte. Zwischen Mürbeteigboden und dicker Baiserhaube quillt eine tiefrote Schicht Kirschkompott hervor. Um die Torte herum haben sich einige ältere Damen und ihre etwas jüngere Nichte versammelt, während der alte Kater sich auf dem Sofa putzt. Vor den Fenstern steigt Nebel von der See auf und hüllt die Insel Föhr ein. In dieser Atmosphäre von Gemütlichkeit werden Geschichten erzählt, und so kommt das Gespräch auch auf eine mysteriöse Begebenheit, die schon lange zurückliegt: Als sie über den Hof ging, um die Hühner zu füttern, verschwand die Frau des Marschbauern von der Bildfläche und wurde nie wieder gesehen. „Die Frau des Marschbauern" ist auch der Titel des Romans, den die (Nord-) Deutsch-Australierin Sabine Nielsen am Sonnabendabend im Rahmen einer Lesung im Gulfhof Ihnen in Engerhafe vorstellte. Der Roman ist der zweite Band einer inzwischen vierbändigen Familiensaga über die beiden reifen Schwestern Ruth und Willa, die manchmal aus ihrem beschaulichen Leben ausbrechen, um mit ihren vier Nichten lang gehütete Geheimnisse zu lüften und manches Rätsel aus der Familiengeschichte zu lösen. Er ist im Schardt-Verlag, Oldenburg, erschienen und beginnt auf der Insel Föhr, führt die rüstigen Detektivinnen aber auch bald nach Australien. Sabine Nielsen kann dabei aus dem Vollen schöpfen. Ihre ersten 20 Lebensjahre verbrachte sie selbst auf Föhr, wanderte dann nach Melbourne aus. Entsprechend anschaulich und dicht beschreibt sie die Orte der Handlung, die Landschaft, die Menschen, das Drumherum. Ihre Romanheldinnen werden zu Wanderinnen zwischen zwei Welten, in jedem der vier Romane sind die Erzählfäden über beide Inseln verwoben, denn Kerri, eine der vier Nichten ist wie Nielsen nach Melbourne ausgewandert. Ihre Emigrationserfahrungen sind eng an das Leben der Verfasserin angelehnt. Und immer geht es um ein lange zurückliegendes Rätsel, das auf seine Lösung wartet. In Australien spreche man von „cold cases", sagte die Autorin, von kalten Fällen aus der Vergangenheit. So sind ihre lebendigen Erzählungen eine Mischung aus Heimat- und Auswanderer-, aus Detektiv- und Familiengeschichte. Sabine Nielsen macht keinen Hehl daraus, dass ihre eigene Auswanderung komplizierter verlief als am Anfang geglaubt. Die Liebe führte sie nach Australien - und hielt sie dort. Seit 40 Jahren ist sie in Melbourne zu Hause, gründete eine Familie, studierte und arbeitete als Lehrerin - ihre Heimat, das blieb jedoch Föhr. „Es ist nicht der gleiche Himmel dort unten, der norddeutsche Himmel ist viel blauer, und es sind auch nicht die gleichen Sterne in der südlichen Hemisphäre. Man fährt an den Pazifischen Ozean, „aber so sehr ich auch draufstarre, es ist einfach nicht die Nordsee", klagte sie. „Integration ist schwierig, auch nach 40 Jahren eckt man immer noch hier und da an." Das Schreiben habe ihr geholfen, die Sehnsucht nach Hause zu stillen und wenigstens in Gedanken zurückzukehren in die kleine, freundliche Welt der Föhrer Inseldörfer, ihrem Sehnsuchtsort. Die Familiensaga ist bislang nur auf Deutsch erschienen, Fans hat Nielsen in Deutschland und auch in der großen Gemeinde deutscher Auswanderer in Melbourne. Und erstaunlich: Wenn sie liest und erzählt, hört man nach all den Auslandsjahren nicht den Hauch eines Akzents, der sich sonst so rasch aus dem Englischen ins Deutsche schleicht. Einen perfekten Partner habe sie in Otto Groote gefunden, berichtete Nielsen. Mit seinen beiden Kollegen Matthias Malcher an der Gitarre und Ralf Strotmann am Bass spielte Groote alte und neue Lieder über die norddeutsche Landschaft, den Himmel, die Schiffe, aber auch über die Sehnsucht nach der Ferne. Wie es der Zufall will, hat er mit seinem Ensemble gerade eine CD mit Liedern zu einem Auswanderertheaterstück gemacht, deren Erscheinen jedoch verschoben werden musste. Genauso wie Nielsen fand Groote sofort einen Draht zum Publikum, erzählte von seinen Liedern, sang spontan Stücke an, die ihm in den Sinn kamen. Wie in einer großen Familie am warmen
Ofen. Die ruhigen, oft melancholischen Texte, die weichen Stimmen der drei Musiker und die Atmosphäre in der alten Scheune im Kerzenlicht, sie versetzen die knapp 40 Zuhörer in eine Welt der Sehnsucht und der Suche - nach früher, der alten Liebe, der Heimat und sich selbst. Bildunterschriften: Die Präsentation der neuen CD musste zwar verschoben werden, aber das „Otto Groote Ensemble" (von links: Ralf Strotmann, Otto Groote, Matthias Malcher) stellte einige der neuen Lieder über Fernweh und Auswandern vor. In der Pause signierte Sabine Nielsen ihre Bücher. In der intimen Atmosphäre des Gulfhofes kam sie schnell mit den Zuhörern ins Gespräch und erzählte davon, dass Auswandern Abenteuer, aber auch jahrelanges Heimweh bedeutet. Fotos: Baumann
Heiko Poppen -- Heiko Poppen Geschäftsstelle Moordorf Ostfriesische Nachrichten GmbH Kirchstraße 8-14 D-26603 Aurich Fon: +49 (4941) 98950 Fax: +49 (4941) 989598 eMail: heiko.poppen@on-online.de URL: http://www.on-online.de Sitz Aurich, Amtsgericht Aurich HRB 201089 Geschäftsführer: Stefan Dunkmann Umsatz-ID-Nr.: DE 815065129
Als „Die Frau des Marschbauern" verschwand
Sabine Nielsen las im Gulfhof Ihnen in Engerhafe aus ihrem zweiten Roman - „Otto Groote Ensemble" spielte Auswandererlieder kab Engerhafe. Es beginnt mit einer Kirschtorte. Zwischen Mürbeteigboden und dicker Baiserhaube quillt eine tiefrote Schicht Kirschkompott hervor. Um die Torte herum haben sich einige ältere Damen und ihre etwas jüngere Nichte versammelt, während der alte Kater sich auf dem Sofa putzt. Vor den Fenstern steigt Nebel von der See auf und hüllt die Insel Föhr ein. In dieser Atmosphäre von Gemütlichkeit werden Geschichten erzählt, und so kommt das Gespräch auch auf eine mysteriöse Begebenheit, die schon lange zurückliegt: Als sie über den Hof ging, um die Hühner zu füttern, verschwand die Frau des Marschbauern von der Bildfläche und wurde nie wieder gesehen. „Die Frau des Marschbauern" ist auch der Titel des Romans, den die (Nord-) Deutsch-Australierin Sabine Nielsen am Sonnabendabend im Rahmen einer Lesung im Gulfhof Ihnen in Engerhafe vorstellte. Der Roman ist der zweite Band einer inzwischen vierbändigen Familiensaga über die beiden reifen Schwestern Ruth und Willa, die manchmal aus ihrem beschaulichen Leben ausbrechen, um mit ihren vier Nichten lang gehütete Geheimnisse zu lüften und manches Rätsel aus der Familiengeschichte zu lösen. Er ist im Schardt-Verlag, Oldenburg, erschienen und beginnt auf der Insel Föhr, führt die rüstigen Detektivinnen aber auch bald nach Australien. Sabine Nielsen kann dabei aus dem Vollen schöpfen. Ihre ersten 20 Lebensjahre verbrachte sie selbst auf Föhr, wanderte dann nach Melbourne aus. Entsprechend anschaulich und dicht beschreibt sie die Orte der Handlung, die Landschaft, die Menschen, das Drumherum. Ihre Romanheldinnen werden zu Wanderinnen zwischen zwei Welten, in jedem der vier Romane sind die Erzählfäden über beide Inseln verwoben, denn Kerri, eine der vier Nichten ist wie Nielsen nach Melbourne ausgewandert. Ihre Emigrationserfahrungen sind eng an das Leben der Verfasserin angelehnt. Und immer geht es um ein lange zurückliegendes Rätsel, das auf seine Lösung wartet. In Australien spreche man von „cold cases", sagte die Autorin, von kalten Fällen aus der Vergangenheit. So sind ihre lebendigen Erzählungen eine Mischung aus Heimat- und Auswanderer-, aus Detektiv- und Familiengeschichte. Sabine Nielsen macht keinen Hehl daraus, dass ihre eigene Auswanderung komplizierter verlief als am Anfang geglaubt. Die Liebe führte sie nach Australien - und hielt sie dort. Seit 40 Jahren ist sie in Melbourne zu Hause, gründete eine Familie, studierte und arbeitete als Lehrerin - ihre Heimat, das blieb jedoch Föhr. „Es ist nicht der gleiche Himmel dort unten, der norddeutsche Himmel ist viel blauer, und es sind auch nicht die gleichen Sterne in der südlichen Hemisphäre. Man fährt an den Pazifischen Ozean, „aber so sehr ich auch draufstarre, es ist einfach nicht die Nordsee", klagte sie. „Integration ist schwierig, auch nach 40 Jahren eckt man immer noch hier und da an." Das Schreiben habe ihr geholfen, die Sehnsucht nach Hause zu stillen und wenigstens in Gedanken zurückzukehren in die kleine, freundliche Welt der Föhrer Inseldörfer, ihrem Sehnsuchtsort. Die Familiensaga ist bislang nur auf Deutsch erschienen, Fans hat Nielsen in Deutschland und auch in der großen Gemeinde deutscher Auswanderer in Melbourne. Und erstaunlich: Wenn sie liest und erzählt, hört man nach all den Auslandsjahren nicht den Hauch eines Akzents, der sich sonst so rasch aus dem Englischen ins Deutsche schleicht. Einen perfekten Partner habe sie in Otto Groote gefunden, berichtete Nielsen. Mit seinen beiden Kollegen Matthias Malcher an der Gitarre und Ralf Strotmann am Bass spielte Groote alte und neue Lieder über die norddeutsche Landschaft, den Himmel, die Schiffe, aber auch über die Sehnsucht nach der Ferne. Wie es der Zufall will, hat er mit seinem Ensemble gerade eine CD mit Liedern zu einem Auswanderertheaterstück gemacht, deren Erscheinen jedoch verschoben werden musste. Genauso wie Nielsen fand Groote sofort einen Draht zum Publikum, erzählte von seinen Liedern, sang spontan Stücke an, die ihm in den Sinn kamen. Wie in einer großen Familie am warmen
Ofen. Die ruhigen, oft melancholischen Texte, die weichen Stimmen der drei Musiker und die Atmosphäre in der alten Scheune im Kerzenlicht, sie versetzen die knapp 40 Zuhörer in eine Welt der Sehnsucht und der Suche - nach früher, der alten Liebe, der Heimat und sich selbst. Bildunterschriften: Die Präsentation der neuen CD musste zwar verschoben werden, aber das „Otto Groote Ensemble" (von links: Ralf Strotmann, Otto Groote, Matthias Malcher) stellte einige der neuen Lieder über Fernweh und Auswandern vor. In der Pause signierte Sabine Nielsen ihre Bücher. In der intimen Atmosphäre des Gulfhofes kam sie schnell mit den Zuhörern ins Gespräch und erzählte davon, dass Auswandern Abenteuer, aber auch jahrelanges Heimweh bedeutet. Fotos: Baumann
Heiko Poppen -- Heiko Poppen Geschäftsstelle Moordorf Ostfriesische Nachrichten GmbH Kirchstraße 8-14 D-26603 Aurich Fon: +49 (4941) 98950 Fax: +49 (4941) 989598 eMail: heiko.poppen@on-online.de URL: http://www.on-online.de Sitz Aurich, Amtsgericht Aurich HRB 201089 Geschäftsführer: Stefan Dunkmann Umsatz-ID-Nr.: DE 815065129


Ostfriesische Nachrichten vom 30. 12. 2010
Nachdenkliches und Fröhliches beim Folkfestival zwischen den Jahren im Gulfhof Ihnen in Engerhafe / Alle Interpreten haben etwas zu sagen
von Gerd-D. Gauger
Engerhafe. Der Herr vor der Wetterkarte blickt so streng wie der Winter. „Vermeiden Sie unnötige Autofahrten", sagt er. Wir entnehmen daraus, dass das Aufsuchen des Milchmanns genehmigungsfähig ist, der nachweihnachtliche Besuch bei Erbtante Hilda dagegen eher nicht.
Aber wie verhält man sich mit dem Einlösen bereits georderter Konzertkarten? Die Antwort auf diese schwerwiegende Frage bekommt man in Engerhafe: zwei Tage nacheinander war im Gulfhof Ihnen volles Haus, pardon, volle Scheune. Und heute Abend wird es nicht anders sein. Der Grund für das Ausschlagen allen Rates des Straßenzustandsberichtsbeauftragten war/ist das „Folkfestival zwischen den Jahren". In der einschlägigen Szene längst das, wie es auf neudeutsch heißt, Event des Jahres schlechthin.
Sechs Gruppen beziehungsweise Solisten diesmal. Alle haben uns etwas zu sagen. Aber was ist, wenn Friedchen Müller des Englischen nicht mächtig ist, sich ihr Inhaltsschweres nicht erschließt, sie an den Problemen der von industrieller Erschließung bedrohten Fischer an der Bristol Bay in Alaska nicht teilhaben kann? „Unnötig" würde der uns bekannte Herr von der Wetterkarte sagen, „hören Sie doch einfach der Musik zu." Heureka! Warum nicht gleich so? Mat Martin zum Beispiel. Er ist der Sidekick von Kirsty McGee, der es dem Zuhörer schwer macht. Soll man sich nun auf die mal lyrische, mal kesse, aber stets ohrenschmeichelnde Stimme der englischen Vedette für eine bessere Welt konzentrieren oder auf das, was Martin alles Gitarre, Banjo oder Ukulele entlockt? Eine Fingerfertigkeit und ein Tongespür wie weiland Big Bill Broonzy. Obwohl der es ja mehr mit dem Blues hatte. Very british auch, Botschaften des Heils mit einem Zwinkern 'rüberzubringen. Da wir, siehe oben, bei guten Ratschlägen sind, folgt ein weiterer: Wenn es irgend geht, sollte die Gulfhof-Mannschaft versuchen, die beiden für ein Re-Engagement zu gewinnen.
Si Khan, das hört sich nach Dschungelbuch an. Sie erinnern sich: Shir Khan, der Wolf. Nun ist Si Khan zwar kein Wolf, doch wer seine Karriere verfolgt hat, weiß, dass er in seinem musikalischen Eintreten gegen alles, was sich einer besseren Welt entgegenstellt, scharfe Zähne zeigt. Er hat ein Sendungsbewusstsein und lässt sehr bestimmt im Publikum keinen Zweifel daran aufkommen, dass er es hat. In der Folk- und Aktivistenbewegung gilt er etwas, ein mitunter harscher, mitunter sanfter Dylan oder, wenn man so will, auch eine männlich Baez-Ausgabe. Zugegeben, mit technischer Perfektion wie Mat Martin kann er nicht protzen, bei ihm müssen es Aura und Texte machen. Letztere befassen sich mal mit dem Exodus der europäischen Juden, mal mit dem Eintreten für die Bürgerrechte der Farbigen in den Südstaaten der USA.
Für diese Bürgerrechte trat einst Martin Luther King ein, Pastor in Montgomery/Alabama, der ersten Hauptstadt der Konföderation. Und dort sind sie heute noch - King hin, Khan her - der Meinung, „the south will rise again!". Hank Williams kam aus Montgomery, und wenn die freundliche Janet im Williams-Museum unweit des Capitols an Hanks buntem Cadillac steht und erklärt, dass Hank „der Süden" war, kullern ihr berufsmäßige Tränen über die Wangen, weil „es nie wieder einen wie Hank geben wird". Naja, Janet, dann hast du Uli Sieker noch nicht gehört. Der Mandolinen- und Fiedelspieler der Bluegrass-Formation „Looping Brothers" war in Engerhafe einmal mehr „up to the best" mit seiner Hommage an Hank - einschließlich Schluchzer und Kiekser.
Wie die Brothers, die keine Botschaften übermitteln, sondern einfach „nur" exzellente Musik machen wollen, gehören auch die sanfte Linde Nijland und ihr Begleiter Bert Ridderbos und das Otto-Groote-Ensemble zu den ständigen Gästen im Gulfhof. Man wird nicht müde, ihnen zuzuhören. Und dann war da noch Martin Czech, dieser Instrumenten-Tausendsassa, den man von der Folkgruppe An Rinn kennt und der sich als Solist als das erwies, was er ist: ein Solitär.
Glückwunsch für alle Beteiligten auf, vor, unter, hinter dem Podium. Gut, dass sie nicht auf den Mann vom Wetteramt gehört haben.
Sendungsbewusstsein und Schluchzer von Hank
Nachdenkliches und Fröhliches beim Folkfestival zwischen den Jahren im Gulfhof Ihnen in Engerhafe / Alle Interpreten haben etwas zu sagen
von Gerd-D. Gauger
Engerhafe. Der Herr vor der Wetterkarte blickt so streng wie der Winter. „Vermeiden Sie unnötige Autofahrten", sagt er. Wir entnehmen daraus, dass das Aufsuchen des Milchmanns genehmigungsfähig ist, der nachweihnachtliche Besuch bei Erbtante Hilda dagegen eher nicht.
Aber wie verhält man sich mit dem Einlösen bereits georderter Konzertkarten? Die Antwort auf diese schwerwiegende Frage bekommt man in Engerhafe: zwei Tage nacheinander war im Gulfhof Ihnen volles Haus, pardon, volle Scheune. Und heute Abend wird es nicht anders sein. Der Grund für das Ausschlagen allen Rates des Straßenzustandsberichtsbeauftragten war/ist das „Folkfestival zwischen den Jahren". In der einschlägigen Szene längst das, wie es auf neudeutsch heißt, Event des Jahres schlechthin.
Sechs Gruppen beziehungsweise Solisten diesmal. Alle haben uns etwas zu sagen. Aber was ist, wenn Friedchen Müller des Englischen nicht mächtig ist, sich ihr Inhaltsschweres nicht erschließt, sie an den Problemen der von industrieller Erschließung bedrohten Fischer an der Bristol Bay in Alaska nicht teilhaben kann? „Unnötig" würde der uns bekannte Herr von der Wetterkarte sagen, „hören Sie doch einfach der Musik zu." Heureka! Warum nicht gleich so? Mat Martin zum Beispiel. Er ist der Sidekick von Kirsty McGee, der es dem Zuhörer schwer macht. Soll man sich nun auf die mal lyrische, mal kesse, aber stets ohrenschmeichelnde Stimme der englischen Vedette für eine bessere Welt konzentrieren oder auf das, was Martin alles Gitarre, Banjo oder Ukulele entlockt? Eine Fingerfertigkeit und ein Tongespür wie weiland Big Bill Broonzy. Obwohl der es ja mehr mit dem Blues hatte. Very british auch, Botschaften des Heils mit einem Zwinkern 'rüberzubringen. Da wir, siehe oben, bei guten Ratschlägen sind, folgt ein weiterer: Wenn es irgend geht, sollte die Gulfhof-Mannschaft versuchen, die beiden für ein Re-Engagement zu gewinnen.
Si Khan, das hört sich nach Dschungelbuch an. Sie erinnern sich: Shir Khan, der Wolf. Nun ist Si Khan zwar kein Wolf, doch wer seine Karriere verfolgt hat, weiß, dass er in seinem musikalischen Eintreten gegen alles, was sich einer besseren Welt entgegenstellt, scharfe Zähne zeigt. Er hat ein Sendungsbewusstsein und lässt sehr bestimmt im Publikum keinen Zweifel daran aufkommen, dass er es hat. In der Folk- und Aktivistenbewegung gilt er etwas, ein mitunter harscher, mitunter sanfter Dylan oder, wenn man so will, auch eine männlich Baez-Ausgabe. Zugegeben, mit technischer Perfektion wie Mat Martin kann er nicht protzen, bei ihm müssen es Aura und Texte machen. Letztere befassen sich mal mit dem Exodus der europäischen Juden, mal mit dem Eintreten für die Bürgerrechte der Farbigen in den Südstaaten der USA.
Für diese Bürgerrechte trat einst Martin Luther King ein, Pastor in Montgomery/Alabama, der ersten Hauptstadt der Konföderation. Und dort sind sie heute noch - King hin, Khan her - der Meinung, „the south will rise again!". Hank Williams kam aus Montgomery, und wenn die freundliche Janet im Williams-Museum unweit des Capitols an Hanks buntem Cadillac steht und erklärt, dass Hank „der Süden" war, kullern ihr berufsmäßige Tränen über die Wangen, weil „es nie wieder einen wie Hank geben wird". Naja, Janet, dann hast du Uli Sieker noch nicht gehört. Der Mandolinen- und Fiedelspieler der Bluegrass-Formation „Looping Brothers" war in Engerhafe einmal mehr „up to the best" mit seiner Hommage an Hank - einschließlich Schluchzer und Kiekser.
Wie die Brothers, die keine Botschaften übermitteln, sondern einfach „nur" exzellente Musik machen wollen, gehören auch die sanfte Linde Nijland und ihr Begleiter Bert Ridderbos und das Otto-Groote-Ensemble zu den ständigen Gästen im Gulfhof. Man wird nicht müde, ihnen zuzuhören. Und dann war da noch Martin Czech, dieser Instrumenten-Tausendsassa, den man von der Folkgruppe An Rinn kennt und der sich als Solist als das erwies, was er ist: ein Solitär.
Glückwunsch für alle Beteiligten auf, vor, unter, hinter dem Podium. Gut, dass sie nicht auf den Mann vom Wetteramt gehört haben.



